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Lebenszeichen

Wir sind wieder hier, auf la Palma. Wir sind wieder da, wo es vor 8 Monaten aufgehört hat – unser Versuch etwas anders zu machen.

Als wir landen, haben wir gerade drei 360° Drehungen zwischen Palma, Gomera und Teneriffa gedreht und ich möchte nur noch raus und endlich auf die Insel.

Seit Monaten überleg ich schon, wie es wohl ist, wieder hier zu sein. Wahrscheinlich hatte ich über die letzten Wochen alles und jeden hier glorifiziert und mich völlig in die Idee verrannt, ich würde hier schlagartig froh sein – bis auf den Flug versteht sich. Dann trete ich auf die Landebahn, schmunzle noch einmal darüber nur OneWay gebucht zu haben und … mich trifft etwas. Irgendetwas.

Kein Schlag, aber etwas in der Art.

Ich hab viel zu viele Klamotten an und dicke Strümpfe und einen Pulli und was weiß ich nicht noch alles, denke ich und merke, dass ich seit einiger Zeit vor der Maschine stehe und in tiefer Dankbarkeit zum Piloten aufschaue. Der hat sichtlich besseres zu tun und macht wahrscheinlich kurz Mittag, bevor es wieder zurück nach Deutschland geht. So ein zäher Hund, denk ich mir und drehe mich wohl endlich zur Ankunfthalle um, wo Sonja schon auf mich wartet.

Noch auf der Landebahn muss etwas mit mir passiert sein, denn sie schaut mich so an als wäre ich…gut gelaunt. 

Es ist warm, die Sonne scheint und der Passatwind bläst – der Grund für ungemütliche letzte Flugminuten und meinen zwischenzeitlichen Missmut,  aber davon weiß ich eigentlich schon nichts mehr denn jetzt kann ich das Meer sehen.

Ich kann das dunkelblaue, unruhige Meer sehen und den hellblauen Himmel, nur unterbrochen von vorbeirauschenden weißen Wolken. 

Für meine Sinne ist das nahe an der Überdosis. Wir hätten uns nach mehreren Wochen grau in grau völlig damit begnügt, endlich wieder die Sonne zu sehen…aber jetzt bekommen wir das ganze Programm.

Ich kann nicht anders als zu grinsen, ich hoffe ich grinse nicht die ganze Zeit, obwohl das gerade sehr wahrscheinlich ist. Wir verbringen fast vier Stunden mit Warten auf verschiedene Busse bis wir an die 35 Kilometer entfernte Westküste der Insel gelangen, am Feiertag läufts hier eben auch ruhiger. Noch ruhiger.

„No pasa nada“, das macht garnichts…vier Stunden mehr Frühling! Wer gerade aus dem fränkischen Winter kommt und nur feucht-nass-schmuddel oder zu-warm-für-die-Jahreszeit oder Niesel-Kält-die-zieht-einem-überall-nei kennt, der saugt das einfach alles auf.

Die Farben, die Geräusche und die Luft – ich saug das einfach auf bis ich platz, denk ich mir und merk wie Sonja mich anschaut, den Kopf etwas schräg hält und die Augen leicht schliesst, womöglich kann sie so besser fokussieren und erkennen ob ich jetzt final abdrehe.

Kurz bevor wir Pantera sehen, werden wir sichtlich nervöser und als wir sie auf dem Shipyard entdecken, hangeln wir uns auch gleich ohne Leiter hoch an Bord.

Auf Deck ist alles was zersetzbar war, zersetzt und in alle Winde verstreut. Außerdem hat sich eine gleichmäßige Sandpatina über den gesamten Rumpf gelegt und unser Boot in eine Art Kokon gepackt.

Unter Deck ist die Zeit stehen geblieben, nichts wurde in den letzten Monaten bewegt oder verändert und so fühlt es sich gleich so an als ob wir gerade eben erst das Schloss zum Niedergang zugeschlossen hätten. Nur einige Kleinigkeiten erinnern uns daran, wie hektisch die letzten Minuten unseres Aufbruchs waren, doch das wird sich jetzt erstmal nicht wiederholen, denn die nächsten zehn Tage verbringen wir nahezu wie im Winter in Eibelstadt, wir reinigen den Rumpf, schrubben Deck, entrosten, lackieren und bringen neues Antifouling auf, entgraten den Propeller und dichten die Stopfbuchse neu…alles beim Alten, nur diesmal im T-Shirt und “diesmal mit weniger Stress“ höre ich mich sagen und Sonja greift zu den gravierten Gläsern. the Blood, the Sweat, the Tears…the Love.

Wir sind wieder da.

p.s. der Tracker sollte auch wieder laufen, cheers