Fernweh

la Palma

Ich bin wie so oft zuvor irgendwie aufgeregt und angespannt, als wir aus dem Hafen auslaufen…auch ein wenig euphorisch, denn jetzt sehen wir, ob sich die Arbeit der letzten Wochen auszahlt oder ob wir was übersehen haben. 

Das Meer ist ruhig und unser Diesel tuckert gleichmäßig vor sich hin. Motor: Check!

Bald kommen wir ans Südkap von la Palma und raus aus der Landabdeckung, da werden wir Segel setzen mit direktem Kurs auf el Hierro und abermals merken ob alle Vorbereitungen auch für strammere Winde ausreichen.

Als ich über das Heck von Pantera hinaus schaue, sehe ich wie die Insel in unserem Kielwasser immer kleiner wird. Anfangs können wir noch einzelne Orte erkennen, manche haben wir besucht oder von Ihnen gehört, manche nur von weitem und namenlos gesehen und manche werden wir vielleicht nie kennen lernen…und doch bin ich nicht traurig, ich bin froh von la Palma gesehen und erlebt zu haben, was wir gesehen und erlebt haben.

Die Insel hat uns so mit Sonnenschein verwöhnt, dass es mir mehr als einmal unfair vorkam, nicht etwas davon abgeben zu können. Wir haben soviel grün, rot, orange, blau, lila in so vielen verschiedenen Formen gesehen, dass ich mich manchmal frage ob diese Insel eine Seele hat und sich für uns extra ins Zeug gelegt hat. Wir haben den weiß verschneiten Gipfel gesehen, uns kurz wie eine kleine Bergexpedition gefühlt, dem Teide auf Teneriffa Respekt gezollt, und kurz darauf tiefes Schwarz erlebt. Schwarz, wie es im Hochgebirge wirkt, wenn das letzte Licht in hellem und dunklen Blau am Horizont verschwindet und einen umfängt. Fast greifbar und fast bedrohlich. Gerade so lange bis die Sterne mit ihrem Werk beginnen. So hell und so viele, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Sterne sich vor Lichtverschmutzung zurückziehen oder ob hier gerade das Gegenteil der Fall ist. 

Wir erleben hier, wie völlig fremde Menschen in kurzer Zeit zu Bekannten, zu Freunden werden, uns tatkräftig mit Werkzeug und Fachwissen unterstützen und noch dazu die Insel zeigen. (Tausend Dank, Anne und Peter!)

Marineros und Varaderos helfen uns ebenso uneigennützig, stellen uns Strom und Arbeitsfläche zur Verfügung und für uns werden die geltenden Regeln für die Bootsrenovierung, sagen wir, „gedehnt“.

Zweimal fahren wir für kurze Touren einige Meilen vor die Küste und werden von Delfinen in Ihrem Territorium empfangen. Beide Male! Wir verwehren uns nicht und leben einfach diesen schmalen Kontakt zwischen den Habitaten, der uns jedes Mal vereinnahmt und ruhen lässt. Im Jetzt.

Als sich einer der wenigen trüberen Tagen abzeichnet und ich gerade von der Capitania zurücklaufe, sehe ich wie über dem Hafen ein riesiger Regenbogen steht, der mich grinsen lässt, dann rufe ich Sonja an und wir lachen beide.

„Das ist Palma“.

Die Wochen hier auf der Insel vergehen mit so einer Leichtigkeit, wie ich sie selten zuvor erlebt habe. Die Palmeros, die ursprünglichen genauso wie die Neuen, vermitteln uns mit ihrer Zufriedenheit das Gefühl angekommen zu sein. Angekommen auf einem Flecken Erde, der noch nicht von Hochgeschwindigkeit, Leistung und Konsum geprägt ist. 

Dennoch sind wir nicht hier um anzukommen, noch nicht.

Wir wollen noch ein wenig weiter…pass auf Dich auf la isla bonita!